Über die Potenziale von Diversity (Management) an Universitäten
Die Universität Stuttgart feiert in diesem Jahr ihren ersten Diversity Tag unter dem Motto „we are US! Wir sind wir. Wir sind Uni Stuttgart“
Wenn wir Organisationen dabei begleiten dürfen, in ihrem Umgang mit Vielfalt eine klare Richtung einzuschlagen und Schritt für Schritt mehr Geschwindigkeit aufzunehmen, ist das eine besonders schöne Form der Zusammenarbeit. Die Universität Stuttgart ist eine dieser Organisationen. Seit Januar 2019 erst gibt es das Prorektorat für wissenschaftlichen Nachwuchs und Diversity, im Mai feiert es bereits zum ersten Mal den Diversity Tag mit und bringt dabei gleich noch die verschiedensten Akteur*innen der Uni im Bereich Vielfalt gemeinsam auf die Bildfläche.
Unsere Institutsleiterin Kathrin S. Trump durfte für die Veranstaltung die erste Key Note beisteuern. Das Publikum war höchst heterogen: Austauschstudierende aus Indien und Südafrika, Mitarbeitende der Universitätsverwaltung, Professor*innen, Doktorand*innen, Dozierende … Universitäten sind möglicherweise eine der Organisationsformen mit der größten Komplexität und Vielfalt schlechthin. Ihr Vortrag „Entdecke die Vielfalt in Dir – über die Potenziale von Diversity (Management) an Universitäten“ nahm daher einige herausfordernde Fragen unter die Lupe, beispielsweise eine sicher sehr häufig gestellte: Warum muss Diversity an einer Universität eigentlich gemanagt werden? Einerseits nimmt Vielfalt zu und das macht auch vor Universitäten nicht halt, weder bei den Studierenden, noch beim wissenschaftlichen Personal oder in der Verwaltung. Die Frauenanteile steigen (wenn auch langsam), Lernen und Lehren wird internationaler, der Anteil studierender mit Migrationshintergrund ist fast repräsentativ zur Gesamtbevölkerung, ein Studium mit Beeinträchtigungen wird häufiger und der Bildungshintergrund der Studierenden vielfältiger.
Andererseits wird mit der zunehmenden Vielfalt jedoch auch an Universitäten noch nicht optimal umgegangen: Die „Leaky Pipeline“ existiert auch in der Wissenschaft, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bleibt in der Wissenschaft eine Herausforderung – besonders für Frauen und auch Studieren mit Kind ist eine Doppelbelastung, Bildungsaufsteiger*innen haben es schwerer auf der (wissenschaftlichen) Karriereleiter. Die Gründe für diese Phänomene sind komplex und vielfältig:
- Unbewusste Denkmuster (v.a. Stereotype) verzerren die Beurteilung von (wissenschaftlichen) Leistungen – unterschiedliche soziale Gruppen werden oft nicht mit gleichem Maß gemessen.
- Das Bild des*r erfolgreichen Wissenschaftlers*in ist häufig immer noch männlich („Think scientist – think male“)
- Informelle Spielregeln auf der wissenschaftlichen Karriereleiter benachteiligen bestimmte soziale Gruppen
- Hochschullehrende sind „Gatekeeper“ und gestalten damit (unbewusst) die Entwicklungschancen von (potenziellem) wissenschaftlichem Nachwuchs erheblich mit
- Strukturelle Mechanismen – vor allem das Thema Vereinbarkeit - in der Gesellschaft und der Universitätskultur machen es Frauen auf der Karriereleiter schwer
- Benachteiligte soziale Gruppen finden kaum Rollenvorbilder in der Wissenschaft
Dabei gibt es unbestrittene und klar belegte Vorteile einer gut gemanagten Vielfalt in Organisationen, für Universitäten vielleicht besonders relevant die größere Innovationskraft von Forschungsteams. Die Frage ist also: „Vorteil Vielfalt – aber wie?“ Kathrin S. Trump schloss den Vortrag daher auch mit konkreten Ideen und Ansatzpunkten für das Diversity Management an Universitäten – von einer klaren strategischen Ausrichtung bis hin zu vielfältigen Good-Practice-Beispielen, die universitätsspezifisches Diversity Management zu einem Mehrwert für alle Universitätsangehörigen machen.
Professorin Meike Tilebein vom Institut für Diversity Studies in den Ingenieurwissenschaften der Universität Stuttgart hat in ihrem anschließenden Vortrag viele Aspekte aufgegriffen und Einblicke in die Forschungsarbeit ihres Instituts gegeben. Auch ihr Fazit lautet, dass Diversity gemanagt werden müsse, um von den Vorteilen von Vielfalt profitieren zu können.
Dass es sich bei den Überlegungen zu einem Diversity Management nicht um Gedanken aus dem Elfenbeinturm handelt, wurde beim anschließenden Marktplatz Diversity sichtbar. Akteur*innen wir das Gleichstellungsreferat, das Sprachenzentrum, der Arbeitskreis „Bildung und soziale Ungleichheit“ der Universität Stuttgart, das gemeinnützige Netzwerk ArbeiterKind.de oder das Verbundprojekt ZusaNnah – Chancengleichheit in MINT. Im interessierten Dialog wurden Perspektiven auf Diversity ausgetauscht, Einblicke in die eigene Arbeit gewährt und neue Ideen für den professionellen Umgang mit Diversity an der Hochschule entwickelt.
Wir wünschen: Happy Diversity Day 2019 Uni Stuttgart!
Hier hat die Universität Stuttgart über die Veranstaltung zum Diversity Tag berichtet.
Bild: Universität Stuttgart