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Die heiligen drei Könige – Zwischen Stern, Geschichte und Tradition

Wie eine biblische Episode zu einem weltweiten Festtag wurde

Am 6. Januar, zwölf Tage nach Weihnachten, feiern Christ*innen in aller Welt den Tag der Heiligen Drei Könige – oder, wie er in der kirchlichen Liturgie heißt, Epiphanias, das „Erscheinungsfest des Herrn“. In vielen Ländern beschließt dieser Tag die Weihnachtszeit, doch sein Ursprung reicht weit zurück: Bis in die ältesten Schichten des Neuen Testaments. Nur das Evangelium nach Matthäus berichtet von jenen „Weisen aus dem Morgenland“, die einem geheimnisvollen Stern folgen, um dem neugeborenen Jesuskind zu huldigen. Sie bringen ihm drei kostbare Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Die Bibel nennt keine Namen, keine Zahl und kein Herkunftsland. Und doch hat sich aus diesen wenigen Versen eine der farbenprächtigsten und dauerhaftesten Legenden der christlichen Welt entwickelt. Das griechische Wort magoi, mit dem Matthäus die Weisen bezeichnet, meinte ursprünglich Priester und Sterndeuter der medisch-persischen Kultur, Menschen, die in Astronomie und Religion gleichermaßen bewandert waren. Damit deutet der Text schon an, dass die Geburt Jesu nicht nur ein lokales Ereignis war, sondern eine kosmische Offenbarung, die selbst fernöstliche Gelehrte in Bewegung setzte.
 

Vom „magoi“ zu Caspar, Melchior und Balthasar – Wie aus Sterndeutern Könige wurden

Die Umwandlung der Magier zu den „Heiligen Drei Königen“ ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie religiöse Erzählungen wachsen und sich an ihre Zeit anpassen. Frühchristliche Ausleger wie der Kirchenvater Origines deuteten die Dreizahl bereits aus den drei Gaben, die sie dem Kind darbrachten. Gold stand für die königliche Würde, Weihrauch für die göttliche Verehrung und Myrrhe für das Leiden und die Sterblichkeit. Diese symbolische Deutung verband sich mit einer Fülle weiterer Vorstellungen und Erzählungen, die aus dem Osten, aus apokryphen Schriften und aus der Volksfrömmigkeit in den Westen gelangten.

Im Mittelalter wurden aus den anonymen Weisen Könige mit Namen und Geschichte. Die berühmte „Legenda trium regum“ des Karmeliten Johannes von Hildesheim um 1370 prägte diese Entwicklung entscheidend. Sie schildert die Könige als missionierte Bischöfe und spätere Heilige, die in Indien gewirkt haben sollen. Ihre Reliquien, so heißt es dort, seien durch Helena, die Mutter Kaiser Konstantins, entdeckt, über Konstantinopel und Mailand nach Köln gebracht und dort im 12. Jahrhundert beigesetzt worden – der Ursprung des berühmten Dreikönigenschreins.

In der gleichen Epoche erhielt die Geschichte auch ihre ikonographische Gestalt. Die drei Könige verkörperten nun die damals bekannten Kontinente Europa, Asien und Afrika. Balthasar wurde als Schwarzer König dargestellt – ein Symbol für die weltumspannende Gültigkeit des Christentums. Zugleich spiegelten die Figuren die Lebensalter des Menschen wider: Caspar als junger Mann, Melchior in den besten Jahren, Balthasar als alter Weiser. Auf diese Weise repräsentierten sie die Gesamtheit der Menschheit in Zeit und Raum.

Der Begriff magoi bezeichnete außerdem ursprünglich Angehörige der medisch-persischen Priesterkaste. Die Magier im Matthäus-Evangelium stehen damit an einer kulturellen Schnittstelle zwischen orientalischer Wissenschaft und christlicher Theologie. Ihre Geschichte verbindet den Nahen Osten mit Europa und zeigt, dass Wissen und Glaube keine kulturellen Grenzen kennen. Sie ist eine Erzählung von kulturübergreifender Begegnung.
 

Köln als Ziel der Könige – Reliquien, Wallfahrt und Kult

Die Legende der Heiligen Drei Könige ist untrennbar mit der Stadt Köln verbunden. Als im Jahr 1164 der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel die angeblichen Gebeine der Könige aus Mailand erhielt, wurde Köln zu einem der bedeutendsten Wallfahrtsorte Europas. Der prächtige Dreikönigenschrein, ein Meisterwerk mittelalterlicher Goldschmiedekunst, zog Pilger aus allen Ländern an und prägte die religiöse Identität der Stadt bis in die Neuzeit.

Der Schrein war nicht nur ein Zentrum der Verehrung, sondern auch ein wirtschaftlicher Motor. Handwerk, Handel und Bauwesen blühten, und der Kölner Dom selbst wurde in seiner heutigen Form wesentlich als Pilgerkirche für die Reliquien der Heiligen Drei Könige geplant. Der Kult verband Glauben mit Kunst, Architektur und urbaner Entwicklung – ein Beispiel dafür, wie Religion im Mittelalter alle Lebensbereiche prägte.


Glaube, Konfession und kulturelle Vielfalt

Die Feier des Dreikönigstages hat in den christlichen Konfessionen unterschiedliche Ausprägungen. In der katholischen Kirche gilt der 6. Januar als Hochfest der Erscheinung des Herrn. Im Mittelpunkt steht die Offenbarung Christi an die Völker, dargestellt durch die Magier. In vielen Gemeinden werden Häuser gesegnet und die Türen mit Kreidezeichen versehen.

In der orthodoxen Kirche hingegen steht an diesem Tag die Taufe Jesu im Jordan im Vordergrund. Mit der sogenannten Theophanie wird die Dreifaltigkeit Gottes gefeiert, symbolisiert durch das geweihte Wasser, das Reinigung und Neuanfang bedeutet. In den evangelischen Kirchen wird der Tag meist als Abschluss des Weihnachtsfestkreises begangen. Predigten, Lieder und Feiern betonen die universale Bedeutung des Evangeliums – Christus als Licht für die ganze Welt. Damit zeigt sich: Der Dreikönigstag ist zwar ein gemeinsamer Bezugspunkt der Christenheit, doch seine Ausgestaltung spiegelt die Vielfalt der kirchlichen Traditionen.


Sternendeuter und Offenbarung – Bezüge zu anderen Religionen

Das Motiv der Sternendeuter hat auch über das Christentum hinaus Resonanz gefunden. Im Judentum gilt der Stern seit jeher als Zeichen göttlicher Verheißung. Der Satz „Ein Stern geht auf aus Jakob“ aus dem Buch Numeri wurde schon früh als Hinweis auf den kommenden Messias verstanden. Im Islam wiederum wird Jesus, arabisch ʿĪsā ibn Maryam, als großer Prophet verehrt. Die Kunst der Sterndeutung hatte in der islamischen Welt einen hohen Stellenwert, und so erscheint auch hier das Motiv der kosmischen Zeichen als Ausdruck göttlicher Weisheit.

Noch älter sind die Bezüge zum Zoroastrismus, der altpersischen Religion, aus der die Bezeichnung magoi ursprünglich stammt. Diese Priester verbanden astrologisches Wissen mit religiösem Ritual – ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Magier der Bibel in einer realen, historisch fassbaren Tradition stehen. Auch im Hinduismus und Buddhismus werden Geburten großer spiritueller Lehrer oft von Himmelserscheinungen begleitet. Der Stern von Bethlehem steht damit in einer Reihe universaler Symbole, die Orientierung, Hoffnung und Offenbarung ausdrücken.


Von Sternsingern, Königskuchen und Umzügen – gelebte Traditionen weltweit

Der Dreikönigstag ist bis heute lebendige Kultur. In Deutschland prägt das Sternsingen das Bild dieses Festes. Kinder ziehen verkleidet als Caspar, Melchior und Balthasar von Haus zu Haus, tragen Lieder vor, segnen die Bewohner und sammeln Spenden für Kinder in Not. Aus dieser volkstümlichen Tradition ist eine der größten solidarischen Aktionen der Welt entstanden, bei der jährlich Millionenbeträge zusammenkommen.

In Spanien und Lateinamerika spielen die Heiligen Drei Könige eine noch zentralere Rolle. Am Abend des 5. Januar ziehen prachtvolle Umzüge, die sogenannten Cabalgatas, durch die Städte. Die Kinder stellen Wasser und Hafer für die Kamele bereit, denn in der Nacht bringen die Könige die Geschenke. In Frankreich und der Schweiz wird am 6. Januar die Galette des Rois, der Königskuchen, gebacken, in dem eine kleine Figur versteckt ist – wer sie findet, ist König oder Königin des Tages. Und in Italien bringt die gute Hexe Befana den Kindern Süßigkeiten, eine Figur, die sich mit der Sternsingertradition zu einem volkstümlichen Märchenbild verschmolzen hat.

So unterschiedlich diese Bräuche auch sind, sie alle verbinden Gemeinschaft, Großzügigkeit und die Freude am Teilen – Werte, die den Kern des Festes ausmachen.


Bilder, Kunst und Symbolik – Die Könige in der Geschichte der Kunst

Kaum ein Motiv wurde in der christlichen Kunst so häufig dargestellt wie die Anbetung der Könige. Frühbyzantinische Mosaiken zeigen die Magier in persischer Kleidung mit spitzen Mützen, während die Maler der Renaissance die Szene in prunkvolle Hofzeremonien verwandelten. Die Könige tragen Kronen, ihre Gefolge Kamele und kostbare Geschenke – eine Mischung aus orientalischer Pracht und europäischer Selbstdarstellung.

Ab dem Mittelalter wurde Balthasar oft als Schwarzer König dargestellt. Diese Ikonografie sollte die weltweite Geltung des Glaubens symbolisieren, spiegelt aber auch eine eurozentrische Sicht wider: Menschen anderer Kontinente wurden oft als "das Fremde" inszeniert. Aus der Perspektive von heute und mit einem rassismuskritischen Blick werden diese Darstellungen daher kritisch gesehen, da sie Stereotype über Schwarze Menschen reproduzieren. Kunsthistorisch markiert sie jedoch den Beginn einer neuen Weltwahrnehmung: Die christliche Kunst öffnete sich für die Vielfalt der Völker und Kulturen, auch wenn sie sie oft aus europäischer und klar rassistisch geprägter Perspektive interpretierte.

Im Mittelalter trugen zudem Dreikönigsspiele und Prozessionen dazu bei, die Geschichte lebendig zu halten. Diese religiösen Schauspiele verbanden Glaube, Unterhaltung und gemeinschaftliches Erlebnis und schufen eine Volkskultur, die bis heute in Krippenspielen fortlebt.
 

Der Stern von Bethlehem – Zwischen Astronomie und Theologie

Der geheimnisvolle Stern, der die Weisen leitete, ist bis heute Gegenstand intensiver Forschung. Astronomen haben versucht, ihn als Komet, als Planetenkonjunktion oder als Supernova zu erklären. Besonders wahrscheinlich gilt die seltene Konjunktion von Jupiter und Saturn im Jahr 7 vor Christus, die im Sternbild der Fische stattfand – einem Zeichen, das im Altertum mit Israel assoziiert wurde.

Für Theolog*innen jedoch ist der Stern weit mehr als ein Himmelsphänomen. Schon früh wurde er als Symbol göttlicher Ordnung verstanden, als Zeichen der Erkenntnis und als Abbild des göttlichen Lichts selbst. Manche Kirchenväter deuteten ihn sogar als Manifestation Christi – das Licht, das sich selbst zeigt. In dieser Perspektive ist der Stern nicht nur Wegweiser, sondern Ziel, nicht nur Zeichen, sondern Wesen der Offenbarung.


Gesellschaftliche Bedeutung und politische Gegenwart

Der Dreikönigstag ist längst auch Teil des gesellschaftlichen Lebens. In Deutschland empfangen Politikerinnen und Politiker Sternsingergruppen im Kanzleramt, und in vielen Gemeinden wird das Fest mit Konzerten, Theateraufführungen und Feiern begangen. Der Tag verbindet religiöse Tradition mit sozialem Engagement und erinnert daran, dass Glauben und Handeln zusammengehören.

Auch wirtschaftlich hat der Feiertag Bedeutung. Bäckereien und Konditoreien profitieren vom Verkauf des Königskuchens, Touristenzentren veranstalten Sternsingerfeste, und in Süddeutschland ist der Tag gesetzlicher Feiertag. In Baden-Württemberg gilt er zudem als Anlass für politische Veranstaltungen wie das traditionsreiche Dreikönigstreffen, das symbolisch den Jahresauftakt markiert. So bleibt das Fest zugleich religiös, kulturell, sozial und politisch – ein Kaleidoskop menschlicher Ausdrucksformen.
 

Alte Symbolik, neue Fragen – Vielfalt und Verantwortung

Die Darstellung des Schwarzen Königs war im Mittelalter ein Versuch, die „ganze Welt“ abzubilden – jedoch aus einer rein europäischen Perspektive, die Schwarze Menschen oft als "exotisch" oder "fremd" markierte. In unserer heutigen, vielfältigen Gesellschaft hat sich der Umgang damit gewandelt.

Viele Gemeinden distanzieren sich heute bewusst vom sogenannten „Blackfacing“, also dem Schminken dunkler Hautfarbe. Sie erkennen an, dass diese Praxis – unabhängig von der guten Absicht – rassistische Stereotypen reproduziert. Statt Maskerade steht heute echte Teilhabe im Mittelpunkt: Kinder unterschiedlichster Herkunft repräsentieren gemeinsam die drei Könige - genau so, wie sie sind.

Der Gedanke, dass die Könige die Vielfalt der Menschheit repräsentieren, hat dabei nichts an Kraft verloren. Im Gegenteil: Er wird heute als Ausdruck gleichberechtigter Zugehörigkeit verstanden. Der Dreikönigstag erinnert uns an Offenheit, Respekt und den Mut, Grenzen zu überschreiten, um Gemeinsames zu finden.
 

Ein globales Erbe – Verbindungen über Kontinente hinweg

Die Legende der Heiligen Drei Könige verbindet Menschen aus verschiedenen Räumen: Aus Persien und dem Nahen Osten, aus Afrika und dem Mittelmeerraum – Kulturen, die seit jeher durch Handel, Wissenschaft und spirituelle Suche miteinander verwoben waren.

Sie ist jedoch nicht erst durch europäische Vermittlung bedeutsam geworden. Die Figur der Magoi stammt selbst aus persischer und mesopotamischer Gelehrsamkeit – ein Erbe, das für sich selbst stand. Die Legende zeigt, dass Wissen und Glaube keine kulturellen Grenzen kennen, und dass Menschen aus unterschiedlichen Traditionen sich begegnen können, um das Göttliche zu suchen.

In einer Zeit, in der politische und soziale Spannungen wachsen, erinnert uns diese Geschichte daran, dass Respekt vor Unterschiedlichkeit und der Wille zum gegenseitigen Verstehen überdauern. Der Stern über Bethlehem wird so zum Sinnbild für den Dialog zwischen den Religionen und Kulturen – ein Licht, das nicht trennt, sondern verbindet.
 

Fazit – Mehr als ein Feiertag

Aus wenigen Bibelversen ist ein weltumspannendes kulturelles Erbe entstanden. Die Heiligen Drei Könige stehen für das Staunen über das Göttliche, für die Suche nach Wahrheit, für Begegnung und für den Mut, aufzubrechen. Ob als Kinder mit goldenen Papierkronen, als Gestalten in alten Legenden oder als Könige aus fernen Ländern – sie sind Symbole für die Sehnsucht nach Sinn und für die Hoffnung, dass das Licht von Bethlehem allen Menschen leuchtet.

Der Dreikönigstag ist damit mehr als ein kirchlicher Feiertag. Er ist eine Einladung, aufzubrechen, den eigenen Stern zu suchen – und sich von ihm führen zu lassen.

 


 

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Quellen zum Artikel und mehr zum Thema unter: 

https://blackcentraleurope.com/quellen/1000-1500-deutsch/die-legende-der-heiligen-drei-konige-1483/
https://heilige-dreikoenige.de/de/geschichte/die-quellen.html

https://www.katholisch.de/lexikon/1041-heilige-drei-koenige

https://www.lignoma.com/de/magazin/heilige-drei-koenige/

https://wiki.uni-konstanz.de/ikonographie/index.php/Heilige_drei_Könige

https://www.erzbistum-koeln.de/presse_und_medien/magazin/Heilige-Drei-Koenige-Herkunft-und-Bedeutung-des-Feiertags/

https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Heilige-Drei-Koenige-Wer-waren-die-Namensgeber-des-Feiertags,dreikoenige112.html

https://www.swr.de/swrkultur/leben-und-gesellschaft/drei-heilige-koenige-sterndeuter-aus-babylon-das-verbirgt-sich-dahinter-102.html

https://www.bene-magazin.de/artikel/stars-mit-stern

https://www.fresko-magazin.de/die-heiligen-drei-koenige/

https://www.diebaz.com/2024/12/11/die-heiligen-drei-koenige/

https://rotary.de/kultur/von-den-quellen-zur-ueberlieferung-a-8403.html

web.de/magazine/wissen/geschichte/heilige-koenige-stimmt-36481708